Silvester zum Knast 2014
Aufruf
„…solange es eine Unterschicht gibt, bin ich Teil davon. Solange es kriminelle Elemente gibt, bin ich eines davon, und solange auch nur eine Seele im Gefängnis ist, kann ich nicht frei sein.“
Eugene V. Debs
Knäste sind das Resultat einer kranken Gesellschaft, welche zu feige ist sich mit ihren Problemen auseinander zu setzen. Wer sich den fremdbestimmten Regeln widersetzt, sich normfremd verhält oder manchmal einfach nur um Überleben kämpft hat in der Reproduktionsmaschinerie von Staat und Politik schlechte Karten. Kriminalisierung und schließlich das Wegsperren sind die vermeintlich leichtesten Mittel der Wahrheit aus dem Weg zu gehen und sich einer grundlegenden Konfrontation zu entziehen.
Einmal die Augen auf blind gestellt ergeben sich im Apparat des ständigen Verwertungszwangs gleich viele neue Möglichkeiten. Die Knastindustrie ist stetig wachsend und abhängig von vielen Verurteilungen mit Haftstrafe. Unternehmen spezialisieren sich auf den Bau und die Versorgung ausschließlich von Gefängnissen. Hierbei wird mit „humanen“ Haftbedingungen geworben, welche eher einer hohen Produktionskraft der Gefangenen zu verdanken sind, betrachtet mensch die Verhältnisse in innerstädtischen Anstalten wie Moabit oder Tegel. Isolationshaft als Folter und das Abbrechen von Besuchsterminen stehen hier an der Tagesordnung.
Selbst wenn nicht gleich ein Vergehen als Grund für eine Strafe vorhalten muss und Menschen trotzdem unangenehm im kapitalistischen Getriebe auffallen, findet der Staat Mittel und Wege sich dieser zu entbehren. Einmal auf Drogen gesetzt und zwangseingewiesen in psychiatrischen Einrichtungen fällt es oft schwer sich dem Prozess schließlich wieder zu entziehen. Ist mensch erstmals seiner selbst entmächtigt, ist er sozusagen hilflos der Entscheidungsgewalt anderer (Arzt, Pfleger, Richter) ausgeliefert.
Das Knastsystem hast viele Gesichter. Menschen werden auf unterschiedlichste Arten der Freiheit beraubt. Die neu entstehenden Container-Lager am Berliner Stadtrand sind unmenschlich und als temporäre Lösung von außen verwaltet keine Alternative, geschweige denn eine Notlösung. Auch die Residenzpflicht als Einschränkung der Bewegungsfreiheit gehört sofort abschafft.
Auch der Kampf gegen das herrschende System kann vielseitig sein. Und nur mit gegenseitiger Unterstützung kann dieser geführt werden. An Silvester drücken wir unsere Solidarität mit den Inhaftierten aus und teilen einen Augenblick der Gemeinsamkeit. Wir machen deutlich, dass es Menschen gibt, die gegen das kämpfen was für Gefangene zum Alltag zählt. Unterdrückung, Isolation und Zwangsarbeit.
Daher gehen wir abends um 22:45 vom U-Turmstraße zur JVA Moabit.
Bereits um 15:00 Uhr gehen wir gemeinsam vom S-Bornholmer Straße zur JVA für
Frauen nach Pankow.
Termine
31. Dezember 2014 – 15:00 Uhr – S-Bhf Bornholmer Straße
Demo zur JVA für Frauen Pankow
31. Dezember 2014 – 22:45 Uhr – U-Bhf Turmstraße
Demo zur JVA Moabit
Poster, Banner
Demoberichte
Bericht von ABC Berlin:
Berlin: Zweimal an Silvester zum Knast
Am letzten Tag des Jahres gab es in Berlin wieder zwei lautstarke Demos unter dem Motto “Silvester zum Knast“. Mit den Demos soll die Unversöhnlichkeit mit der Knastgesellschaft und den herrschenden Verhältnissen zum Ausdruck gebracht werden und die Solidarität mit all denjenigen, die in den Knästen und den anderen Orten der Einsperrung festgehalten werden, auf die Strasse getragen werden.
In den Nachmittagsstunden ging es diesmal zur JVA für Frauen im Bezirk Pankow. Es kamen um die 200 solidarische Personen. In den Redebeiträgen wurde die in Pankow inhaftierte linke türkische Aktivistin Gülaferit Ünsal thematisiert, sowie die Festnahme des in Freiburg untergetauchten Basken Tomás Elgorriaga und das Verfahren wegen der angeblichen Bildung einer kriminellen Vereinigung unter dem Paragraphen 129 in Berlin, Stuttgart und Magdeburg.
Es wurden viele Parolen auf Deutsch, Türkisch und Englisch skandiert, die sich für die Freilassung aller Gefangenen richteten, sowie gegen die repressiven Massnahmen gegen Flüchtlinge und politisch organisierten Menschen.
Am Abend lief die Demo, wie schon seit vielen Jahren, zum U-Haftknast in Moabit, es kamen mehr als 500 Personen. Unter anderem wurden in den Beiträgen die Verhaftung von Bernhard Heidbreder, dem vorgeworfen wird zusammen mit zwei weiteren Personen vor fast 20 Jahren in einer militanten Gruppe der Linken, dem K.O.M.I.T.E.E., aktiv gewesen zu sein, thematisiert. Auch gab es einen Beitrag zu der Verhaftung von 11 AnarchistInnen in Barcelona, denen Bildung einer terroristischen Gruppe vorgeworfen wird, von denen zur Zeit sieben in U-Haft sitzen. Auch angesichts des Todestages von Dennis “Jockel”, der durch die Bullen in der Silvesternacht 2008 ermordet wurde, wurden Parolen in Erinnerung an ihn skandiert. Ebenfalls in Erinnerung an Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 in Dessau in einer Bullenwache ermordet wurde, gab es Parolen.
Bei der Kundgebung vor dem Knast wurden wieder unzählige Raketen in Richtung der Knastmauern geschickt, um damit den Gefangenen zu zeigen, dass wir wegen ihnen da sind, das sie nicht alleine sind und das der erste Schritt für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse, Ausbeutung, Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung mit der Solidarität und gegenseitiger Hilfe beginnt.
Am Abend nervten die “Ordnungshüter” mit penetranten Vorkontrollen, die zur Demo kommenden. Bei der Abschusskundgebung zeigten sie wieder einmal warum wir jedes Jahr auf die Strasse gehen gegen diese Knastgesellschaft und in Ablehnung der bestehenden Verhältnisse. Die Bullen nahmen mehrere Personen in Gewahrsam und prügelten sich dafür schonungslos den Weg frei.
Freiheit für Alle!
Für die Anarchie!
Fire to the prisons!
Bericht übernommen von linksunten.indymedia.org
[B] Bericht zur abendlichen Knastdemo zur JVA Moabit
Gut 400-500 solidarische Menschen haben wieder gemeinsam am Silvesterabend die JVA in Moabit besucht. Bereits um 15:00 Uhr fand eine Demo vom S-Bornholmer Straße zur JVA für Frauen nach Pankow statt. Dazu habe ich allerdings keine Info, wie es gelaufen ist.
Abends ab 22:45 Uhr sollte es dann wieder gemeinsam zur JVA Moabit gehen. Am Startpunkt U-Bahnhof Turmstraße wurden Teilnehmende nach verbotenem Material durchsucht und überraschend ging es für Berliner Verhältnisse schon recht zeitig los. Anfangs zogen vielleicht 200 Leute Richtung Knast, was sich aber im Laufe der Zeit deutlich erhöhen sollte. Aus dem Lauti gab es einige Redebeiträge zu Repression und Knast zu hören und vor allem aus den vorderen Reihen auch mehr oder weniger bekannte Demosprüche wie z.B. „Freiheit – für alle – Gefangenen!“ und „Wir sind nicht alle – es fehlen die Gefangenen!“. Entlang der Route wurden schon immer mal wieder einige Böller gezündet. Die begleitenden Bullen hielten sich noch weitgehend zurück. Kurz vor Mitternacht am Knast angekommen, wurden dann vermehrt Raketen über die Mauern geschossen und Böller gezündet und um Mitternacht gab es dann viele herzliche Umarmungen.
Um eine sichere Abreise aller Beteiligten besser gewährleisten zu können, zog einige Zeit später die Demo zurück zum U-Bahnhof Turmstraße. Auf dem Rückweg kam es wahrscheinlich erstmals kurzzeitig zu Reibereien mit den Bullen, die mittlerweile die Demo seitlich begleiteteten. Die Demo kam schließlich geschlossen am U-Bahnhof an. Dort war es dann aber mit der Ruhe endgültig vorbei und Greiftrupps zogen Leute aus der Demo. Insgesamt sollen 3 Leute verhaftet worden sein. Ein Bulle soll wohl durch einen Flaschenwurf verletzt worden sein. Leider konnten, wie meist, die Übergriffe auch durch viele solidarische Menschen nicht verhindert werden.
Insgesamt war die Stimmung sehr gut und es ist immer wieder schön zu sehen, dass rehgelmäßig so viele Menschen kommen um ihre Solidarität mit den Gefangenen auszudrücken.
Power durch die Mauer, bis sie bricht!
Demos / Aktionen in anderen Städten
Bremen, Deutschland: endofroad.blogsport.de
Dortmund, Deutschland: linksunten.indymedia.org
Freiburg, Deutschland: linksunten.indymedia.org
Köln, Deutschland: autonomes-knastprojekt.blogspot.com
Leipzig, Deutschland: linksunten.indymedia.org
Stuttgart, Deutschland: vorher: www.silvesterdemo-stuttgart.tk – nachher: linksunten.indymedia.org
Uelzen, Deutschland: linksunten.indymedia.org
Athen, Griechenland: athens.indymedia.org + athens.indymedia.org
Thessaloniki, Griechenland: machorka.espivblogs.net
Bristol, UK: bristolabc.wordpress.com
London, UK: network23.org/londonabc
Barcelona, Spanien: barcelona.indymedia.org
Madrid, Spanien: es.contrainfo.espiv.net
Mexiko-Stadt, Mexiko: es.contrainfo.espiv.net
Montréal, Kanada: www.facebook.com
Durham, North Carolina, USA: www.facebook.com
New York City, New York, USA: nycabc.wordpress.com
Oakland, Kalifornien, USA: www.facebook.com
Portland, Oregon, USA: www.facebook.com
Seattle, Washington, USA: pugetsoundanarchists.org
Share your thoughts