Dynamischer Silvestertag
gegen alle Arten von Knästen
und eine Gesellschaft der Einsperrung und Ausgrenzung!

Dynamischer Silvestertag gegen alle Arten von Knästen und eine Gesellschaft der Einsperrung und Ausgrenzung!


 

Aufruf

Von Grünau bis Moabit…

Dynamischer Silvestertag gegen alle Arten von Knästen und eine Gesellschaft der Einsperrung und Ausgrenzung!

…reißen wir die Mauern ein, die uns trennen

In einer Zeit, in der kontinuierlich immer weitere Knäste gebaut werden, Terror-Panik und Sicherheitshysterie geschürt wird, die soziale Kontrolle unsere gesamten Lebensbereiche umfasst und härtere und längere Haftstrafen gefordert werden, kommen wohl nur wenige Menschen auf die Idee Gefängnisse und deren Institution radikal in Frage zu stellen und diese abschaffen zu wollen.

Die Geschichte von Knästen und die der Einsperrung als Strafmaßnahme in der Form wie wir sie heute kennen ist keine 250 Jahre alt. Sie ist Teil einer sich entwickelnden bürgerlichen Gesellschaft und eines kapitalistischen Systems – keinesfalls aber der Weisheit letzter Schluss.

Gefängnisse standen seit ihrer Einführung dafür gesellschaftliche Konflikte wegzusperren und unliebsame Teile aus der Gemeinschaft zu isolieren und verschwinden zu lassen. So waren die ersten die in Zuchthäusern, den quasi Vorgängerinnen von Gefängnissen, verschwanden und zu Arbeit gezwungen wurden vermeintliche Bettler_innen, „umherstreifendes Gesindel“, Alkoholiker_innen,, „arbeitsscheue Menschen“, so genannte „sittlich verwahrloste Frauen“ und Sex-Arbeiterinnen. Neben dem wirtschaftlichen Interesse, welches hinter diesen Einrichtungen stand und für deren Vollbelegung sorgte, waren es immer auch strukturelle Macht- und Gewaltverhältnisse wie beispielsweise Alter, Herkunft, Gender, soziale Schicht, die bestimmten wer potenziell eher im Knast landete als andere. Mit der Fokussierung auf das Eigentum und dem wachsenden Interesse einer bestimmten Schicht daran, dieses sichern zu wollen, landeten im Laufe der Zeit immer mehr Menschen auf Grund von Eigentumsdelikten in den Gefängnissen. So machen heute Delikte, die direkt oder indirekt mit Eigentumsverhältnissen zu tun haben 90 Prozent der Inhaftierungsgründe aus, dazu werden Gefängnisse privatisiert und Inhaftierte zu Arbeiten für Hungerlöhne für den freien Markt gezwungen.

Knäste sind keine Lösung für gesellschaftliche Konflikte. Strukturelle Gewaltverhältnisse sind integraler Bestandteil der Gesellschaft, in der wir leben und Knäste sind eben ein Teil davon. All zu oft jedoch werden diese Gewaltverhältnisse ausgeklammert oder nur in beschränkter Weise benannt. Abschottung vor Flüchtlingen, Gewalt in der Familie, Polizeigewalt, Knast, Arbeitszwang sind nur einige Formen von gesellschaftlich legitimierter Gewalt, teils in Gesetze gegossen, teils akzeptiert oder hingenommen.

Seit vielen Jahren gibt es an Silvester in Berlin eine Demonstration zum Knast in Moabit, um den Inhaftierten dort – stellvertretend für alle Gefangenen – zu zeigen, dass sie nicht allein und vergessen hinter den grauen Mauern weggesperrt sind. Dieses Jahr wollen wir bereits am Nachmittag eine Kundgebung vor dem Abschiebeknast Grünau abhalten. Diese Einrichtung steht exemplarisch für die rassistische Praxis des deutschen Staates und seiner Abschiebemaschinerie. Völlig grundlos – lediglich besitzen sie keinen deutschen Pass – werden hier Menschen teils über Monate hinweg unter schlimmsten Bedingungen isoliert und eingesperrt um schließlich in andere Länder abgeschoben zu werden.

An diesem Tag wollen wir auch Dennis J. und Oscar Grant gedenken. Beide wurden vor zwei Jahren von schießwütigen Bullen getötet. Dennis starb in den Abendstunden des 31. Dezember 2008 in Schönfließ bei Berlin, nur wenige Stunden später Oscar Grant in den frühen Stunden des 1. Januar 2009 in Oakland, Kalifornien in den USA. Die beiden stehen an diesem Tag symbolisch für viele weitere, die durch Kugeln der Repressionsorgane ihr Leben verloren haben und tagtäglich mit Polizeigewalt auf den Strassen konfrontiert sind.

Reißen wir die Mauern ein, die uns trennen!
Freiheit für alle!


Termine

29. Dezember 2010

19:00 Uhr Mobilisierungsveranstaltung für den diesjährigen „Silvester-zum-Knast-Tag“ im New Yorck 59

31. Dezember 2010

15:00 Kundgebung vorm Abschiebeknast Grünau (Grünauer Str. 140, Berlin-Köpenick, nähe S-Bhf Spindlersfeld)

22:45 Demonstration vom U-Bhf Turmstrasse zur JVA Moabit (Berlin-Moabit, U-Bahnlinie 9)


Poster, Banner

Dynamischer Silvestertag gegen alle Arten von Knästen und eine Gesellschaft der Einsperrung und Ausgrenzung!


Demobericht

Am letzten Tag des Jahres gab es in Berlin wieder die alljährliche Demo zum Knast. Diesmal gab es zwei Aktionen, eine Kundgebung am Nachmittag vor dem Abschiebeknast im Berliner Bezirk Grünau und am Abend wie gewohnt die Demo zur JVA Moabit. Das Ganze stand unter dem Motto: “Von Grünau bis Moabit… Silvester zum Knast – Dynamischer Silvestertag gegen alle Arten von Knästen und eine Gesellschaft der Einsperrung und Ausgrenzung!”

Nach Grünau kamen zwischen 80 und 90 Leute, um ihrer Ablehnung der rassistischen Politik des deutschen Staates Ausdruck zu verleihen. Es gab die ganze Zeit über Sichtkontakt mit den Gefangenen, welche die Kundgebung freudig begrüßten. Eine Trommelgruppe sorgte für Stimmung und über den Lautsprecherwagen wurden Grußworte in verschiedenen Sprachen an die Gefangenen gerichtet. Nach einer Stunde wurde die Kundgebung beendet.

Wenige Stunden später kamen mehr als 500 Leute zur Demo vom U-Bhf Turmstrasse zur JVA Moabit. Kurz nach 23 Uhr ging es los mit kraftvollen Parolen. Die Bullen waren angepisst von den ständigen Knallerwürfen in ihre Richtung, was dazu führte, dass sie die Demospitze eng begleiteten. Die Demo erreichte die Gefangenene, welche sich an den Fenstern zeigten und winkten. Mit der Demo sollte auch an Dennis und Oscar Grant erinnert werden, die vor zwei Jahren ihr Leben durch polizeiliche Todeschüsse verloren, kurz gesagt durch kaltblütigen Mord. Auch richtete sich die Demo an Thomas, der seit mehreren Monaten in Moabit festgehalten wird, weil er angeblich versucht haben soll irgendein Auto anzünden. Ein Redebeitrag seiner Soligruppe wurde verlesen. Gegen halb eins wurde die Demo beendet, da die Sicherheit der TeilnehmerInnen nicht mehr gewährleistet werden konnte, da die Kettenhunde der Mächtigen drohten die Demo zu stürmen. Sie waren verärgert, aufgrund vom pausenlosen Beschuss mit Knallern und Raketen. Es gab mindestens eine Festnahme.


Redebeiträge

von der Soligruppe von Thomas:

Auch unser Freund Thomas sitzt hier in Moabit in Haft. Genauer gesagt in Untersuchungshaft.
Der Grund dafür ist, dass mit den Bullen mal wieder die Fantasie durchgegangen ist.
Wie sonst sollte jemand auf die Idee kommen einen Menschen in seiner Wohnung festzunehmen um ihm vorzuwerfen, er habe gerade versucht ein Auto anzuzünden. Stichhaltige Beweise sucht man wie sonst auch vergeblich.

Thomas selbst ist ein Mensch der nie an die so genannte „sozial-therapeutische“ Wirksamkeit von Knästen geglaubt hat. Da er genau weiß, wozu Knäste in diesem System tatsächlich gebraucht werden.

Knäste sind nichts anderes als Ausdruck der kapitalistischen Verwertungslogik. In ihnen werden Menschen erniedrigt und ausgebeutet. Sie sind das beste Mittel dieses Drecksstaates um seine Macht zu demonstrieren, indem er Menschen ihre Freiheit nimmt und ihre Würde mit Füßen tritt. Alles nur um den Rest der Menschen ruhig zu halten.

Denn neben der ständigen Ausbeutung und Unterdrückung in unserer Gesellschaft, steht auch die Angst. Zum einen die Angst die der Staat uns mit seinen Knästen machen will. Der drohende Zeigefinger der uns sagen soll: „Versuch ruhig dich zu wehren und ich mach dir dein Leben zur Hölle“

Zum anderen die Angst des Staates und der Unternehmen vor einer Änderung der Verhältnisse. Einer Änderung zu ihren Ungunsten. Eine Änderung die den Menschen die Freiheit über sich selbst wiedergibt, eine Änderung die den Machtverlust der Eliten bedeuten würde.
Und genau darum geht es: Macht.

Im Knast haben die Wärter die Macht, sie bestimmen was, wie, wann und wo geschieht. Sie sind es die uns von unseren geliebten Menschen losreißen. Sie sind es die verhindern dass Menschen bei ihren wenigen Besuchen wirklich darüber reden können was sie bewegt und sie sind es die einem verbieten seine Gefühle in Form eines einfachen Kusses auszudrücken.

Macht macht zum Schwein, dass weiß jeder der schon einmal mit Bullen oder Knastwärtern zu tun hatte. Doch auch die Wärter sind nichts anderes als bloße Werkzeuge des Staates. Sie sind, ohne es zu wissen, genauso im System gefangen wie Thomas und all die anderen die in Moabit oder sonst wo gefangen gehalten werden.

Es ist ein System das Menschen zerstört. Den einen gibt es Macht über andere, macht sie damit selbst zu Sklaven und richtet sie innerlich zu Grunde. Den anderen nimmt es ihre Freiheit, woran sie über kurz oder lang zerbrechen, denn ohne die Freiheit gibt es kein Leben sondern nur pure Existenz.
Das System der Macht, drinnen wie draußen bestimmt es unser Leben, nimmt uns die Freiheit und erniedrigt uns Tag für Tag.

Der Staat kann es nicht ertragen, wenn Menschen, wie wir, sich von dieser ganzen Scheiße befreien wollen. Von dieser Scheiße gegen die auch Thomas immer wieder auf die Straße gegangen ist.
Das er unter fadenscheinigen Begründungen in einer Zelle sitzt liegt nur daran, dass der Staat ein Exempel statuieren will.
Thomas ist nicht der Erste bei dem das versucht wird. Vor ihm hat es schon viele andere getroffen und wenn wir ehrlich sind wird er nicht der letzte sein, aber wir werden weiter kämpfen, für Thomas und alle anderen!

Der Staat verdient nicht mehr als unseren Hass.
Für eine Gesellschaft ohne Staat und Konzerne!
Für die Freiheit, die Liebe und das Leben!

Deshalb Knäste zu Baulücken!

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über den Knast-Streik in den USA – „Lockdown for liberty“:

Im US–Bundesstaat Georgia fand in diesem Monat einer der größten organisierten Knaststreiks der letzten Jahre statt. Vom 9. – 16. Dezember weigerten sich mehrere tausende Gefangene ihre Zellen zu verlassen und zu arbeiten.

Die Insassen aus den Knästen von Augusta, Baldwin, Hancock, Hays, Macon, Smith und dem Staatsgefängnis Telfair wollen mit dem Streik, Druck auf das `Georgia Department of Corrections` (DOC) machen, um Forderungen, die sie seit Jahren stellen, durchzusetzen.

Ihre Forderungen sind u.a.
– bezahlt zu werden für ihre Arbeit – in den Knästen in Georgia gibt es keine Bezahlung für Knastarbeit,
– Zugang zu Aus- und Weiterbildung,
– medizinische Versorgung – die Gefangenen müssen bei minimaler Versorgung extrem hohe Rechnungen selbst bezahlen,
– ein Ende der Iso-Haft und anderer Bestrafungen selbst bei kleinsten Verstößen,
– bessere und gesündere Ernährung,
– Kontakt zu Familien – durch überhöhte Telefonrechnungen und immer wieder geänderte Besuchsregelungen sind die Kontakte bei allen sehr eingeschränkt. Dazu gibt es aber auch eine immer größer werdende Gruppe Gefangener, denen seit Monaten sowohl Familien – als auch Anwaltsbesuche ohne Angabe von Gründen verweigert werden,
– angemessene Bewährungsentscheidungen – die dafür zuständige Behörde verweigert regelmäßig einer Mehrheit der Gefangenen die Entlassung – trotz Anspruch / Berechtigung,

In Georgia sind 16% mehr Menschen inhaftiert als im Rest der USA. Die Kosten der Unterbringung sind 39% niedriger. Möglich wird dies dadurch, das alle Arbeiten innerhalb des Knastes von den Gefangenen unbezahlt gemacht werden – Arbeiterinnen von Firmen außerhalb der Knäste wurden entlassen. Die meisten Knäste sind privatisiert bzw. teilprivatisiert. Das heißt auch, das sich die jeweiligen Firmen eigene Regeln erstellen, um möglichst viel Geld zu verdienen. Z.B. wird den Gefangenen bei Geldüberweisungen von Angehörigen oder Freunden eine 10% « Transaktionsgebühr » berechnet. Die Telefongespräche mit Familien oder Freund_innen wurden auf 15 Minuten die Woche beschränkt, aber telefonieren kann nur derjenige der 50 Dollar monatliche Gebühr bezahlt.

Der Protest der Gefangenen ist gewaltlos, doch das „Department of Corrections“ versuchte die Insassen mit Gewalt zurück zur Arbeit zu zwingen. Gefangene wurden von den „CERT Team Guards“ aus ihren Zellen geprügelt. In den Zellen wurden die Bücher, Stühle, Bilder und Kleidungen von den „Tactical Squads“ zerstört. Laut der Unterstützer_innengruppe wurden viele Gefangene durch Schläge aber auch durch den Einsatz von Tränengas und Tasern verletzt. Außerdem wurde den Gefangenen das warme Wasser und die Heizung abgestellt, und das bei Minustemperaturen. Einige der Gefangenen wurden in Iso-Haft gesteckt, andere in das Hochsicherheitsgefängnis von Reidsville verlegt. Trotzdem geht der Streik in den Knästen von Trion, Helena, Oglethorpe und Glennville weiter.

Kurz nachdem der Streik begonnen hatte, gab es auch ein Statement der Gefangenen:
“Brüder und Schwestern, wir haben einen großen Schritt in unserem Kampf vollbracht…wir müssen das weitermachen, was wir begonnen haben… Der einzige Weg, unser Ziel zu erreichen ist unsere friedliche Aktion weiterzuführen – denn wir wollen keine Gewalt -….wenn sich am Montag die Türen öffnen, geht nicht zur Arbeit, schließt die Türen wieder….. lasst sie uns dazu bringen, an den Tisch zu kommen und mit uns zu verhandeln. Seit stark…..!“

PS:
Organisiert wurde der Streik über Handys, die die Gefangenen von Wärter_innen für 800$ kauften. Der Besitz von Handys ist in Georgia, wie in vielen Knästen, verboten. Gefangene, die in Georgia ein Handy haben, werden zusätzlichen bestraft — Mindeststrafe ist 10 Jahre.

Unterstützt die Gefangenen in den Knästen, schreibt Briefe, schickt Faxe an die Behörden, die Konsulate.
Lasst die Menschen in den Knästen mit ihren Kämpfen nicht allein.
Solidarität mit allen kämpfenden Gefangenen weltweit.

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